Oberndorf während des II. Weltkrieges

Dieser Beitrag befasst sich mit den Geschehnissen in Oberndorf während des II. Weltkrieges. Leider ist für diesen Abschnitt der Dorfgeschichte keine Chronik wie für die Zeit des ersten Weltkrieges verfasst worden, so dass die Ereignisse mühsam – meist durch die Erzählung von Zeitzeugen – rekonstruiert werden müssen.

Schon gleich nach der Mobilmachung Ende August 1939 wurden Einheiten der 36. Infanteriedivision als rückwärtige Sicherung des „Westwalls“ in die Nordpfalz verlegt. Nach Oberndorf kamen Teile des der 36. Infanteriedivision angehörenden 118. Infanterieregiments, welche bis Ende November 1939 im Ort verblieben. Diese Einheit war nicht motorisiert, d.h. Transporte etc. wurden mit bespannten Fuhrwerken durchgeführt. Entsprechend trugen die damaligen landwirtschaftlichen Betriebe die Hauptlast der Einquartierung, da die Pferde bei ihnen untergebracht waren. Für die Dorfjugend war angesichts des damaligen hohen Stellenwerts alles Militärischen die Anwesenheit der Soldaten von großem Interesse. Der Alltagstrott wurde unterbrochen, es kam zu zwischenmenschlichen Beziehungen, die in einem Fall sogar zu einer Eheschließung führten.

Doch schon bald zeigten sich auch die hässlichen Seiten des Krieges. Neben der Einziehung der wehrpflichtigen Männer kam es zu unmittelbaren Einwirkungen auf das Dorfgebiet durch feindliche Angriffe aus der Luft.

Der erste Bombenangriff auf Ziele in Oberndorf erfolgte 1940 zu Beginn des Frankreichfeldzuges, mutmaßlich durch französische Bomber. Der Angriff erfolgte nachts. Zwar mussten bei Anbruch der Dunkelheit alle Fenster so abgedichtet sein, dass kein Lichtschein nach außen dringen konnte, auch war die Straßenbeleuchtung abgeschaltet. Diese Maßnahmen wurden auch streng kontrolliert. Ursache des Bombenwurfs war wohl dennoch die fehlerhafte Verdunkelung eines am südlichen Ortsrand von Oberndorf stehenden Hauses, dessen vom Lichtschein erleuchtete Fenster dem Bombenschützen als lohnendes Ziel zu dienen schienen. Da die Technik der Zielerfassung in der damaligen Zeit noch nicht sehr weit entwickelt war, gingen die vier abgeworfenen Bomben fehl und explodierten östlich der heutigen Gemeindehalle in freiem Feld ohne weiteren Schaden anzurichten.

Dieser Bombenangriff war jedoch Ursache dafür, dass die Oberndorfer Bürger sich mehr um ihre Sicherheit für den Fall feindlicher Luftangriffe sorgten. In der Folge begann man in der Gemeinde mit dem Bau von (mindestens) drei Luftschutzbunkern, einfachen, östlich des Ortsrandes in den dort anstehenden Sandstein des „Schockenbergs“ gehauenen Gängen, die wohl mehr der Beruhigung dienten, als das sie im Falle eines Falles wirklichen Schutz boten. Wären ihre Nutzer doch im Falle eines Bombentreffers mutmaßlich verschüttet worden. Glücklicherweise mussten diese „Bunker“ nie bestimmungsgemäß genutzt werden.

Nach dem Sieg über Frankreich im Jahr 1940 änderten sich auch die politisch-geografischen Verhältnisse in der damaligen „Saarpfalz“, zu der auch Oberndorf gehörte. Nach Planung von „ganz oben“ sollten die besetzten Teile Lothringens bis zur Sprachgrenze zum neu zu gründenden Gau „Westmark“ der Saarpfalz beigefügt werden. So geschah es auch. Durch Führererlass wurde das ehemals französische Departement „Moselle“ dem Chef der deutschen Zivilverwaltung unterstellt, dem Reichsstatthalter in der Westmark Bürkel.
Durch gewaltsame Ausweisungen und Umsiedlungen von ca. 60 000 Personen angestammter französischer Bevölkerung und Beschlagnahmung deren Grundbesitzes als „reichsfeindliches Vermögen“ wurde für landarme und in beengten Betriebsverhältnissen wirtschaftende Bauern aus der Saarpfalz die Möglichkeit eröffnet, im nicht nur räumlich, sondern auch kulturell und sprachlich verwandten Lothringen zu siedeln.
Diese Möglichkeit nutzte auch der Oberndorfer Kleinbauer Otto D.. Ohne sich von ihren Nachbarn zu verabschieden lud die Familie ihre beweglichen Wirtschaftsgüter auf einen Leiterwagen und verließ Oberndorf in Richtung Lothringen. Das Ziel war der von der Größe mit Oberndorf vergleichbare Ort Lagard, damals eingedeutscht als „Gerden“ bezeichnet.
Wie es dieser Familie in Lagard wirtschaftlich ergangen ist, lässt sich nicht mehr feststellen. Nach Ende des II. Weltkrieges wurden die Neusiedler jedoch von der wieder installierten französischen Verwaltung kurzerhand nach Hause geschickt, wo sie ihren noch existierenden Hof wieder bezogen.

Während also einige Bürger Oberndorf verließen, kam es im Gegenzug zu unfreiwilliger Zuwanderung, denn etwa ab dem Jahr 1942 mußten ausgebombte Bewohner west- und südwestdeutscher Großstädte -insbesondere Ludwigshafener – in Oberndorf aufgenommen und untergebracht werden. Eine annähernd genaue Angabe über die Zahl der unfreiwilligen Neubürger ist nicht mehr möglich, es dürfte sich aber um mehrere Familien gehandelt haben.

Das gravierenste Ereignis des Kriegsjahres 1944 war der Absturz eines amerikanischen Bombers vom Typ B 17G-20-BO auf die Gemarkung Oberndorf.
Am Morgen des 29.01.1944 starteten 800 amerikanische Bomber u.a. vom Flughafen Deenethorpe, Northhamptonshire in England, zum Angriff auf Frankfurt am Main. Zur Angriffsformation gehörte auch die 401th Bombardment Group, 612th Bomb Squadron. Teil dieser Einheit war auch die B-17 Flying Fortress (fliegende Festung) mit der Kennung #42-31486. Dieser 4-motorige Bomber war mit zehn Mann Besatzung versehen, mit 13 schweren Maschinengewehren Kal. 50 bewaffnet und trug in der Regel 2724 kg Bombenlast.

amerikanischer Bomber Boeing B-17

Die Besatzung des Bombers bestand aus dem Piloten John Tannahill Jr., dem Co-Piloten Harry Selb, dem Navigator Edward Harris, dem Bombenschützen WilliamFreye, dem Bordingenieur Patrick Powers, dem Funker Harold Roak, dem MG-Schützen Harley Kennemer, dem MG-Schützen Weldon Martin, dem MG-Schützen Thomas Brennan und dem MG-Schützen Lawrence Freeman. Schon beim Angriff auf Frankfurt wurde die Maschine durch Flak-Splitter beschädigt, was dazu führte, dass die „Reisegeschwindigkeit“ nicht mehr erreicht werden konnte. Dies hatte zur Folge, dass der Bomber den Anschluss zum Bomberpulk verlor und gewissermaßen als Einzelgänger flog. Über Oberndorf wurde er leichte Beute eines deutschen Jägers Messerschmidt Me 109 G.

Messerschmidt Me 109 G

Mutmaßlich gehörte der Jäger zum Jagdgeschwader 106, welches in Lachen-Speyerdorf bei Neustadt an der Weinstraße stationiert war.

Nach Treffern in den Treibstofftanks explodierte die B-17 über der Gemarkung Oberndorf in ca. 5000m Höhe. Von der Besatzung überlebten nur der Bombenschütze William Freye und der MG-Schütze Thomas Brennan, alle anderen starben. Die Trümmer verteilten sich über das Gemeindegebiet. Die Kanzel fiel in die Scheune neben dem Anwesen Hauptstraße 8. Die Einschlagstelle ist noch heute (2021) an der erneuerten Dacheindeckung unschwer zu erkennen.

An der linken unteren Dachecke zeigen die hellen Dachziegel die Stelle, an der die Kanzel des Bombers einschlug.

Der Rumpf schlug nordöstlich des heutigen Neubaugebietes „Heerdell“ auf freiem Feld auf, Teile mit Treibstofftanks, welche noch eine zeitlang brannten, gingen zwischen Alsenzbach und dem Anwesen Hauptstraße 3 auf einer Wiese nieder, während die Tragflächen mit den Motoren westlich des Bahnübergangs, etwa ab der Trasse der Umgehungsstraße bis hin in die „Mährenbach“ aufschlugen. Die Flugzeugtrümmer wurden von einer Wehrmachtseinheit abtransportiert. Der Pilot des deutschen Jagdflugzeugs besuchte den Ort seines Luftsieges kurz nach dem erfolgten Abschuss.

Die acht toten Besatzungsmitglieder des US-Bombers wurden auf dem Oberndorfer Friedhof beigesetzt und der katholische Pfarrer hat nach der Mittagsandacht das (gemeinsame) Grab gesegnet. Im November 1945 sind die Gefallenen umgebettet worden und ruhen nun auf dem amerikanischen Soldatenfriedhof in Saint Avold (Frankreich).

Gegen Ende des Krieges nahmen mit dem Vorrücken der alliierten Truppen auch die Jagdbomberangriffe in unserer Gegend zu. Es wurde häufig die Bahnlinie angegriffen. Die Bomben verfehlten jedoch ihr Ziel und landeten im Wingertsgelände „Gänseberg“, ohne größere Schäden anzurichten. Nicht so glimpflich verlief jedoch ein Angriff durch einen Tiefflieger auf den Landwirt Albert B., welcher auf der Straße zum Schmalfeld durch Bordwaffenbeschuss verletzt wurde.

Anfang März 1945 kam es nochmals zu einem Jagdbomberangriff auf einen Güterzug auf freier Bahnstrecke zwischen Oberndorf und Mannweiler. Die Waggons erhielten Treffer, worauf der Lokführer den Zug zum Stehen brachte, die beschädigten Waggons abkuppelte und ohne diese nur mit seiner Lokomotive weiterfuhr. Die meisten Waggons waren leer, einer war mit Schuhen und Strümpfen beladen, ein anderer mit Speiseöl. Schon nach kurzer Zeit hatte sich in der Bevölkerung herumgesprochen, welche „Schätze“ sich in den Waggons befanden. In der Folge versorgten sich manche Oberndorfer und Mannweilerer Bürger mit den lange vermissten Gütern aus den abgestellten Waggons.

Fast wäre Oberndorf noch in letzter Stunde zum Kriegsschauplatz geworden. Nach dem Willen der NSDAP-Gauleitung sollten die pfälzischen Gemeinden unter allen Umständen verteidigt werden. Entsprechend wurden vom „Volkssturm“ sowohl am Ortsausgang Richtung Alsenz in Höhe des heutigen Landmaschinenfachbetriebs Wilhelm, als auch am Ortsausgang Richtung Mannweiler in Höhe der heutigen Gemeindehalle Vorbereitungen zum Bau von Panzersperren getroffen. Diese Sperren wurden jedoch nicht mehr geschlossen, da zum einen keine Kampftruppen zu ihrer Verteidigung zur Verfügung standen, zum anderen die (berechtigte) Sorge herrschte, die Amerikaner würden diese Sperren und alles andere in deren Umgebung mit ihren Bomben in Trümmer legen.

Am 19.03.1945 war es dann soweit, Einheiten der 11. US-Panzerdivision und der 94. US-Infanteriedivision, aus Feilbingert und Hallgarten über Alsenz angerückt, besetzten Oberndorf, ohne auf Widerstand zu stoßen. Es kam zu Einquartierungen. Sowohl das katholische als auch das protestantische Pfarrhaus sowie (wenige) Privathäuser wurden beschlagnahmt und als Truppenunterkünfte verwendet. Zeitgleich versteckten sich einige versprengte deutsche Soldaten im „Bunker“ im Weibelsgraben, mussten sich jedoch schon nach wenigen Tagen auf Grund fehlender Versorgung in Gefangenschaft begeben.

Im Juni 1945 lösten die Franzosen die Amerikaner als Besatzungsmacht ab, es begann ein wesentlich härteres Besatzungsregime, welches bis 1952 andauerte.

Insgesamt 25 Oberndorfer Soldaten fielen im Verlauf des Krieges. Es waren dies:
Finkenauer W.
Werner K.
Klöck K.
Michels K.
Schuster E.
Schmitt W.
Ament A.
Wolfänger H.
Schneider J.
Andres K.
Enders R.
Wolfänger F.
Wolf O.
Prezius H.
Betz K.
Walter R.
Wolf K.
Hühner A.
Ein sehr hoher Blutzoll für ein Dorf mit weniger als 300 Einwohnern