Das „Wochenblatt“, Amtsblatt der Verbandsgemeinden Alsenz-Obermoschel und Rockenhausen titelt in der Ausgabe vom 22. August 2019 auf Seite 1 „Bilder aus den vergangenen 70 Jahren gesucht“, der Countdown läuft – 70 Jahre Nordpfälzer Herbstfest.
Damit erweckt das Wochenblatt den Eindruck, dass das Nordpfälzer Herbstfest im Jahre 1949 erstmalig gefeiert worden sei, also seine Etablierung in die Zeit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland falle.
Nach hier vorliegenden Informationen ist dem nicht so.
Die Geburtsstunde des Nordpfälzer Herbstfestes schlug am 22./23. August 1936. Erfinder und Initiator war der damalige NSDAP – Kreisleiter des Landkreises Rockenhausen und Stadtbürgermeister von Rockenhausen Karl-Josef Graf aus Hettenleidelheim.
Wegen der Absatzschwierigkeiten beim Wein rief der damalige „Reichsnährstand“ ab 1934 die „Patenweinaktion“ ins Leben. Ca. 250 deutsche Städte übernahmen eine bestimmte Quantität Wein und schenkten ihn zu einem Einheitspreis von 1,40 Mark als Patenwein aus. So bestand zum Beispiel zwischen Oberndorf/Alsenz und dem oberschlesischen Großstrehlitz ein entsprechendes Arrangement. Zudem wurde am 19. Oktober 1935 die „Deutsche Weinstraße“ von Bockenheim nach Schweigen eröffnet. In diesem Zusammenhang ist auch die Veranstaltung des ersten „Nordpfälzer Weinwerbefestes“, wie es damals noch hieß, zu sehen. Graf wollte mit seiner Initiative Werbung für den in Schwierigkeiten geratenen Nordpfälzer Weinbau betreiben.
Die „Pfälzische Tageszeitung“ vom 12.08.1936 schrieb dazu in der Vorschau: „Die gesamte weinbautreibende Nordpfalz (wird) demnächst mit einer großangelegten Werbung vor die Öffentlichkeit treten. Daß diese Werbung für unsere einheimischen Erzeugnisse nottut, darüber kann wohl kein Zweifel bestehen. Man hat es bisher viel zu wenig verstanden, unseren hochqualifizierten Naturprodukten auf dem Gebiet des Weinbaus den gebührenden Namen zu verschaffen. Der Nordpfälzer Wein ist seither in der Kategorie der Rhein- oder Naheweine untergegangen; und das soll nun anders werden. Wir stehen vor einer neuen, voraussichtlich guten Weinernte; da muß der alte Wein dem neuen Platz machen. Die Absatzschwierigkeiten sollen durch eine geeignete Werbung überwunden werden, und man ist allgemein der Überzeugung, daß dies durch das angesetzte Weinwerbefest gelingen wird. Es ist zu hoffen und zu wünschen, daß das Nordpfälzer Weinwerbefest unserer einheimischen Weinbauwirtschaft den heißersehnten wirtschaftlichen Auftrieb geben wird. Und wenn beachtliche Erfolge erzielt werden – was zu erwarten ist – dann ist es naheliegend, das Nordpfälzer Weinwerbefest zu einer dauernden Einrichtung zu erheben.“
Entsprechend wurde das Vorhaben in die Tat umgesetzt. In der städtischen Turnhalle von Rockenhausen waren Weinstände der verschiedenen Weinbaugemeinden aufgebaut. Eröffnet wurde das Fest mit einem gemütlichen Unterhaltungsabend. Der eigentliche Höhepunkt war jedoch der Umzug am folgenden Tag, dem 23.08.1936.
Das erste „Nordpfälzer Weinwerbefest“ wurde jedenfalls zu einem tollen Erfolg. Schon ein Jahr später (1937) kündigte der damalige Gauleiter Bürckel seinen Besuch an und wurde laut Bericht der „Pfälzischen Tageszeitung“ vom 31.08.1937 „allseitig stürmisch aufs herzlichste begrüßt“.
Mit Hilfe solcher Aktionen gelang es, die Bestände in den Weinkellern weitgehend abzubauen. Der Pro-Kopf-Weinverbrauch steigerte sich in den Jahren 1935 bis 1939 im damaligen Dritten Reich von 4,6 Litern auf 6,6 Liter.
Soweit zu den historischen Hintergründen des Rockenhausener Herbstfestes.
Es wäre zu wünschen gewesen, der Autor des eingangs erwähnten Wochenblattartikels hätte die Fakten zum Rockenhausener Herbstfest gründlicher recherchiert, um seiner Verantwortung als Journalist gerecht zu werden.