Sylvester anno dazumals

Alljährlich an Sylvester bzw. Neujahr ist es Brauch, den Jahreswechsel mit dem Abfeuern von Knallkörpern und Feuerwerksraketen zu begleiten. Ihren Ursprung hat diese Sitte wohl in dem heidnischen Brauch, durch die Erzeugung von Lärm und Radau die bösen Geister zu vertreiben, damit das neue Jahr einen unbeschwerten Anfang nehmen kann.

Heutzutage nutzt man dazu handelsübliche Feuerwerkskörper. In frühreren Zeiten, als mit dem Geld noch sparsamer umgegangen werden musste, verwendete man entweder sogenannte „Schießeisen“ ¹, oder griff gleich nach den gerade vorhandenen Waffen. Wie Zeitungsberichte aus der Zeit um 1900 belegen, war diese Vorgehensweise nicht ungefährlich:

Alsenz, 2 Januar 1901. In der Neujahrsnacht schoß der Sohne des Zimmermanns Baumann dahier dem ältesten Sohn der Witwe des Ackerers Zepp dahier eine Revolverschrotladung durch Unvorsichtigkeit ins Gesicht.

Mannweiler, 2. Januar 1901. Auf dem nahen Weidelbacherhofe schoß der Knecht von Philipp Neber der Dienstmagd eine Schrotladung in den Leib. Die Schwerverwundete wird kaum am Leben erhalten werden können.

Kaiserslautern, 11 Januar 1901. Heute starb im hießigen Krankenhaus das Mädchen, das in der Neujahrsnacht auf dem Weidelbacherhof bei Dielkirchen aus Unvorsichtigkeit eines Knechtes bei der Neujahrsschießerei von einer Kugel in die Brust getroffen worden war.

In der Hoffnung, dass uns solche Meldungen erspart bleiben, wünschen wir einen guten Rutsch ins neue Jahr und ein frohes 2017.

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¹Aufgebohrte Metallklötze, die mit einer an einer Kette befestigten Schraube versehen waren, welche in die Bohrung passte. In die Bohrung wurde eine selbstgemischte zündfähige Masse gefüllt, die Schraube in die Bohrung eingeführt und das Ganze mit der Schraube voran gegen eine Mauer geschlagen. Durch den Druck der Schraube auf das Pulver zündete dieses und erzeugte einen Knall. Die Wahl der Menge des verwendeten Pulvers verlangte ein gewisses Fingerspitzengefühl, um größere Unfälle zu vermeiden.

Vom Oberndorfer Uzname

Weit verbreitet war  – und ist – in der Pfalz die Benennung der Bevölkerung benachbarter Orte mit Spott- oder Uznamen. So wurde und wird beispielsweise die Alsenzer Einwohnerschaft von den Oberndorfern  als „Pinnich“ (Pfennige) bezeichnet. Der Begriff geht wohl auf die einstmals von 1606 bis 1620 in Alsenz betriebene Münzprägestätte zurück, in der unter anderem auch Pfennige (daher der Name) geprägt wurden.

Die Oberndorfer selbst wurden von ihren Nachbarn mit dem schönen Namen „Kesseler“ bedacht.

Kesseler ist wohl eine Form der Berufsbezeichnung Kesselflicker.  Von diesem ehrenwerten Berufsstand leitet sich auch die Redewendung „die streiten sich wie die Kesselflicker“ ab.

Offensichtlich vermutete man die Streitsucht als prägendes Charaktermerkmal der Oberndorfer Bevölkerung. Aber wie kam es zu diesem Fehlurteil?

Weil es in der Gemeinde Oberndorf trotz ihrer geringen Größe zu Beginn des 20. Jahrhunderts mehr Konfliktpotenzial als in weit größeren und bedeutenderen Orten gab.

Zum einen bot die Simultankirche durch die gemeinsame Nutzung sowohl durch Katholiken als auch durch Protestanten hinsichtlich Art und Zeit der Nutzung sowie der Eigentumsverhältnisse am Zubehör große Reibungsflächen. Verstärkt wurde das Ganze durch die zwei örtlichen Pfarrämter, welche beide nicht mit den zartfühlendsten Vertretern ihres Standes besetzt waren. Dies insbesondere, um gegenüber der anderen Seite Flagge zeigen zu können, wozu offensichtlich auch robustes Auftreten gehörte. Gleiches kann auch vom Schulwesen berichtet werden. Gab es doch in Oberndorf zwei Schulen, eine katholische und eine von der politischen Gemeinde unterhaltene. Selbstredend führte auch diese Konstellation bezüglich Schulgeldes, Ausstattung etc. zu Reibereien bis tief in den Gemeinderat, da sich jede Seite grundsätzlich als übervorteilt ansah. Die Spaltung der dörflichen Gemeinschaft zeigte sich zu dem auch in der Tatsache der Existenz von zwei!! Gesangvereinen, welche den verkrachten Gruppierungen jeweils eine Heimat boten und sich durch das Vorhandensein von drei !!! Gaststätten bei ihren diversen Veranstaltungen aus dem Weg gehen konnten. Nimmt man dazu noch die alltäglichen Streitigkeiten in einer dörflich geprägten Gemeinschaft wie z.B. um Grenzverläufe, Obstdiebstahl oder diverser Jugendstreiche sowie einer – bedingt durch den in Weinbaugebieten höheren Alkoholkonsum –  verringerten Frustrationsschwelle, verwundert die Zuschreibung „Kesseler“ nicht weiter.

Im Ergebnis führte also eine besondere historische Konstellation zu dieser irreführenden Namensgebung. Heutzutage entbehrt dieser Uzname jedenfalls jeglicher Grundlage. Wer anderer Meinung ist, wird die Kesseler kennenlernen!!!!!